TONY CHRISTIE
"Ich kann nicht sagen, warum, aber ich wusste immer, dass ich singen kann" – Tony Christie
Es begann früh, wie es Dinge dieser Art oft tun. Damals war der junge Anthony Fitzgerald ein schüchterner Chorsänger in den hinteren Reihen, an seiner Grundschule in Conisbrough, das Dorf auf der Busroute 277 und 278 zwischen Sheffield und Doncaster, jedem Kind bekannt für sein berühmtes Schloss, das jede lokale Schule anscheinend vertraglich verpflichtet ist, zu besuchen.
Anthony’s Musiklehrer gefiel, was er hörte, und so fand der Junge in der ersten Reihe Platz, und eine Karriere begann, die ihn von Sheffield nach Amarillo und wieder zurück geführt hat.
Der Teenager Anthony verfeinerte sein Talent. Zusammen mit einem guten Freund imitierte er die "Everly Brothers" auf dem Weg zur und von der Schule. Sie schlossen sich einer Gruppe an, die die Kranken in den Krankenhäusern von South Yorkshire unterhielten, und bald schon nannten sie sich The Grant Brothers ("Wir steckten einfach ziellos einen Stift in das Telefonbuch, niemand glaubt, dass wir das so gemacht haben") und spielten in den Arbeiter-Clubs, in der Regel, nachdem Anthony sein Buchhaltungsstudium beendet hatte ("Mein Vater wollte, dass ich auf etwas zurückgreifen kann, also habe ich Buchhaltung studiert, aber ich war hoffnungslos. Ich habe keinen Buchhalter in mir").
Bald trennten sich "The Grant Brothers" und Antony Fitzgerald schloss sich der Gruppe "The Counterbeats" an. Eines Nachmittags im Jahre 1965, vor einer Show in Leicester, ging er ins Kino, um den Film "Darling" mit Julie Christie zu sehen.
"Er ist cool, jetzt, aber damals war "Fitzgerald" nicht wirklich ein geeigneter Name für das Pop-Business. Also brauchte ich einen Künstlernamen. Wie jeder junge Mann aus dieser Zeit war ich mit Julie Christie aufgewachsen, und so wurde ich Tony Christie."
Die Counterbeats waren eine kurze Episode, und 1966 zog Tony Christie, jetzt ein Solo-Act, nach London (und weg von seiner Frau und Kind), wo er von Mode-Guru und Produzent Shel Wer Talmy gesichtet wurde. Eine Single namens "Life’s Too Good To Waste" wurde aufgenommen, mit Jimmy Page an der Gitarre – leider war es kein Hit und so kehrte Tony Christie zurück nach Hause.
Die Zeiten waren hart. Zum Glück war sein Schwiegervater ein großzügiger Mann, und die nördlichen Clubs schlossen Tony in ihre Herzen. Bald wurde er mit Preisen ausgezeichnet und im Rahmen einer solchen Zeremonie in Blackpool Winter Gardens traf er Harvey Lisberg, Manager der "Hermans Hermits" und schließlich "10cc". "Ich mache einen Star aus Dir", versprach er.
Nach einem Fehlstart, als "God Is On My Side" verboten wurde, behielt Lisberg Recht. Nachdem "Las Vegas" zu Beginn des Jahres 1971 auf Platz 21 schoss, folgten die internationalen Hits: "I Did What I Did For Maria" (Platz 2), "(Is This The Way To) Amarillo", "Avenues And Alleyways" etc. Das waren große Songs, die eine große Stimme benötigten. Große Tourneen folgten.
"Ich hatte keine Zeit, es zu genießen. Ich arbeitete 52 Wochen im Jahr, 7 Tage die Woche. Ich war immer unterwegs, immer weg von meiner Familie." Dann, wie es manchmal so kommt, blieben die Hits aus, aber auch diese Zeiten zeigten, es würde immer ein Tony Christie Publikum geben.
"Meine Musik und Punk-Musik, die angesagt war, waren nicht wirklich zu mischen, aber ich war immer mehr ein auftretender Künstler, der auch Platten gemacht hat, als umgekehrt. Ich dachte, ich würde das noch 20 Jahre machen und ein Allround-Entertainer wie Sammy Davis Jr.. werden".
Dann, solche Dinge passieren, zerfiel die britische Nachtclub-Szene, und auch Christie’s geliebte Fiesta in Sheffield.
Er konzentrierte sich in der Folgezeit auf Deutschland, ein Land, das ihn mehr verehrte und verehrt als jedes andere Land, erst recht nach seinem riesigen Erfolg, "Sweet September" ("Ein belgisches Lied mit einem griechischen Flair").
Seltsamerweise konnte er keinen britischen Plattenvertrag bekommen ("Das tat wirklich weh"), also verließ er Sheffield und zog nach Spanien, während seine Karriere in Europa glänzend lief.
In den frühen 90er Jahren verkündete Piccadilly Radio in Manchester fälschlicherweise sogar, Tony Christie sei gestorben. "Einer unserer Freunde rief sie an und sagte, er hätte gerade ein Abendessen mit mir und meiner Frau in Spanien genossen, und ich habe dabei ganz gut ausgesehen."
In den 90er Jahren erschienen in Deutschland mehrere erfolgreiche Alben wie beispielsweise "Welcome To My Music".
Und Christie war auch in Sheffield nicht vergessen worden, dort, wo eine neue Generation Vor-Punk-Helden feierte. Im Jahr 1999, wie aus heiterem Himmel, schickte sein alter Fan Jarvis Cocker einen neuen Song mit dem gleichen Titel wie eine alter Christie Album-Track, "Walk Like A Panther". "Der Text war toll, es handelte von jemanden, der dir dein Rampenlicht stiehlt". Mein Sohn Sean sagte ‚Mach es, Papa, es ist skurril, aber es hat was." "Am Ende wurde es ein Top 10-Hit und ich trat wieder bei "Top Of The Pops" auf, nach 25 Jahren. Erstaunlich, absolut erstaunlich."
Und gerade, als Großbritannien Tony Christie wieder zu entdecken begann, schickte ihn sein deutscher Manager wieder nach Deutschland. Es gab dort viel zu tun. "Ich ging einfach nach Hause nach Spanien und dachte nicht mehr an England."
Im Jahr 2005 hatte er schon eine seltene britische Tour gebucht und war im Begriff, ein Greatest-Hits Album zu veröffentlichen, als er in einem der lustigsten Momente von "Phoenix Nights" sah, wie Max and Paddy "(Is This The Way To) Amarillo" vor einigen älteren Asiaten sangen. "Ich fiel fast von meinem Stuhl vor Lachen. Dann klingelte das Telefon – und zwar andauernd…"
Die Tour war ausverkauft, "The Definitive Tony Christie" erreichte Platz 3, und "(Is This The Way To) Amarillo" – die Original-1971er-Version, kein Remix und keine Neuaufnahme – stand für sieben Wochen auf Platz 1. Tony Christie war wieder omni-präsent.
Bald darauf zog Tony zurück nach Lichfield, 200 Meter von Sohn Sean entfernt.
2006 erschien das Album "Simply In Love" mit 14 Klassikern der Popgeschichte, gesungen von Tony Christie.
Von einem Auftritt kommend, hörten er und Sean Richard Hawley mit "Coles Corner" im Radio. Der Song war großartig und auch seine Produktion. "Dad", sagte Sean, "weißt Du noch, dass Richard Hawley Dir "Coles Corner" vor ein paar Jahren geschickt hat, aber Du es nicht machen konntest, weil Du so beschäftigt mit Amarillo warst?"
Vater und Sohn – jetzt Künstler und Manager – dachten das Gleiche zur gleichen Zeit. Hawley wurde angerufen. Wie Jarvis Cocker, war er ein großer Fan. Tatsächlich war und ist er so ein großer Fan, dass er mit Tony Christie nicht nur eine Version von "Coles Corner", sondern ein ganzes Album produzieren wollte.
Das Ergebnis war das Album "Made In Sheffield". Es ist das Album, das Tony Christie zu machen bestimmt war, und die musikalische Elite der Stadt war dabei – Arctic Monkeys, Jarvis Cocker, The Human League und The All Seeing Eye. Die Entstehung des Albums wurde von dem preisgekrönten Regisseur Don Letts gefilmt.
Das Album wurde ein großer kommerzieller und künstlerischer Erfolg und führte zu seinem nächsten Projekt, dem Album "Now Is The Time!".
Tony Christie griff wieder seine Wurzeln auf, diesmal nicht geografisch, aber musikalisch. Er hat den Soul seiner frühen Karriere wieder entdeckt, ein unglaubliches Album mit Produzenten aus Sheffield (und den ehemaligen Mitstreitern) The All Seeing Eye produziert. Das Album vereint den Sound von Northern Soul, Britischem Beat, Sound-Tracks (Jarvis Cocker bearbeitete das legendäre Thema aus "Get Carter" zu "Get Christie ‚und schafft es sogar, die klassische Zeile "Er ist ein großer Mann, aber er ist außer Form" zu behalten).
2012, nach 50 Jahren auf der Bühne, war es Zeit für ein karriereumfassendes Best-of namens "Die größten Hits aus 50 Jahren"!
Im September 2015 erschien ein lang gehegter Traum – ein Irish-Folk-Album namens "The Great Irish Songbook", gemeinsam mit der Band "Ranagri".